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AISHE ON THE ARTS

Der Berlin Blog von Aishe Malekshahi

Privat, intim, suchend

Privat, intim, suchend

© Janis Mazuch

Easy Love

Gibt es eigentlich irgendwo auf dieser Welt einen Preis für Filmtitel? „Easy Love“ müsste ihn in der Kategorie, „größte Irreführung“ bekommen. Denn easy ist hier gar nichts! Nicht das Leben seiner Protagonisten, noch die Liebe und die große Liebe schon gar nicht.

In seinem Reigen porträtiert der Regisseur Tamer Jandali sieben Frauen und Männer, zwischen 25 und 45. Die berühmte Generation „Y“, die Millennials, Egotaktiker und Zielgruppe der Marketingstrategen. Sie gelten als cool, aufgeklärt, akademisch gebildet, auf die Work-Life-Balance achtend, angeblich weniger auf Kompromisse aus und dem Leitspruch folgend: Glück geht vor Geld.

Genau diese Generation steht im Focus des Films: Die Kölner Stella, Nic, Sören, Sophia, Lenny, Pina, Maria. Sie suchen intensive Gefühle in einer Liebesbeziehung oder in einem one night stand. Lenny verliebt sich in Pia, zieht nach Köln und hofft, nie wieder nur ein „Experiment“ zu sein. Nic und Stella wollen eine offene Beziehung, probieren sich aus, auch beim Sex zu dritt und kämpfen doch mit ihrer Eifersucht, mit ihren Ängsten. Sophia prostituiert sich, verteidigt ihr Leben gegenüber der Mutter, den Schwestern und sucht Halt bei einer Therapeutin. Sie gibt den Job im Bioladen auf und verteidigt ihre Entscheidung mit dem Argument, sie sei als Sexarbeiterin freier, selbstbestimmter. Sören zieht durch die Straßen, spricht Frauen in den Bars an, schleppt ab oder lässt sich abschleppen. Eine einsame Nachtgestalt, der mit seiner vermeintlich coolen, unverbindlichen Art nur kurzfristig erfolgreich ist.

Sieben Personen, denen ich  – trotz erster Fluchtgedanken, folge. Beim „anmachen“ auf irgendwelchen Partys, beim Sex mit Freiern, in der Natur tanzend unter Anleitung einer Schamanin, bei Liebeserklärungen, die mal angenommen werden und mal nicht. „Easy Love“ ist direkt, nah und doch nie voyeuristisch dank der Kamera von Janis Mazuch.

Tamer Jandali hat das Buch geschrieben und verrät ihm Interview, dass es einen Vorläufer gab, die Miniserie „Begehren“, 2015 vom WDR produziert. In 10 Clips sprachen die Darsteller über ihre sexuellen Fantasien, interpretierten Songtexte von Rio Reiser, literarische Vorlagen von Pablo Neruda oder Anaïs Nin. Ein außergewöhnliches Fernsehprojekt.

Heute beklagen viele Regisseure den wachsenden Einfluss der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender und fühlen sich von ihnen gegängelt. In seinem Fall, so Jandali, war es anders und ohne die Unterstützung des WDR’s hätte „Easy Love nie realisiert werden können. Schwierig war die Suche nach Protagonisten. Tamer Jandali hat auf der Straße Leute angesprochen, wie z. B. Sönke/ Sören. Zufälle halfen oder alte Kontakte. Stella war sofort begeistert, ihr Freund Nic weniger, doch aus Liebe zu Stella sagt er zu. Es klingt kitschig, es klingt liebevoll.

Tamer Jandali gelingt mit „Easy Love“ jedenfalls ein authentisches  Generationenporträt, ganz nah dran, nie wertend und voller Sympathie für alle Mitwirkenden.

 

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