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AISHE ON THE ARTS

Der Berlin Blog von Aishe Malekshahi

Oray (Perspektive Deutsches Kino)

Oray (Perspektive Deutsches Kino)

Deniz Orta (Burcu) & Zejhun Demirov (Oray) © Christian Kochmann/ filmfaust

Verhängnisvoller Ausspruch

 

„Talaq, talaq, talaq“. Die islamische Scheidungsformel hängt bleischwer über diesem eindringlichen Debüt von Mehmet Akin Büyükatalay.

Bükükatalay erzählt in „Oray“ eine Liebesgeschichte im muslimischen Milieu.

Oray, ein junger Muslim, lebt mit seiner Ehefrau Burcu in Hagen. Die Eltern wohnen gleich gegenüber. Als Oray sich wegen einer Lappalie mit Burcu streitet und in Wut die islamische Scheidungsformel ausspricht, findet er zunächst Unterschlupf bei den Eltern. Doch hier kann er nicht bleiben, also fährt er nach Köln zu seinem Bruder, doch der hat nur ein Zimmer und das braucht er für sein sehr weltliches Leben. D. h. Raum für seine Affären, für seine Freunde, die mit ihm nachts Joints rauchen, Pillen einwerfen, bevor sie ins Nachtleben losziehen. Hier ist kein Platz für einen muslimischen Strenggläubigen, den die eigene Frau und die eigene Familie nicht verstehen.

Oray überblickt überhaupt nicht, welche Konsequenzen sein Ausspruch der Scheidungsformel Talaq hat. Er, der während eines Gefängnisaufenthalts zum Islam bekehrt wurde, „geläutert“ zurückkehrte und von da an alles Weltliche verachtet: Bildung, die Deutschen, freizügige Frauen. Für ihn gibt es nur noch den Islam. Also sucht Oray Halt in der nächsten Moscheegemeinde und fragt, welche Konsequenzen der Scheidungsspruch hat. Er fragt zwei Imame und erhält unterschiedliche Antworten: 3 Monate fernhalten von seiner Ehefrau, sagt der eine Hagener Imam. Der Kölner Imam ist radikaler und sagt, es bedeutet die Scheidung.  Dabei sind Oray und Burcu ein Paar, das sich liebt und Oray fürchtet die Konsequenzen. Seine Frau pfeift auf die Imam-Entscheidung und besucht ihn in Köln.

In der Domstadt versucht Oray sich ein neues Leben aufzubauen, hilft auf dem Flohmarkt, kümmert sich in der Moschee um junge Migranten. Sein charismatisches Potential kommt hier zur Geltung.

Zejhun Demirov, Faris Yüzbasioglu, Ferhat Keskin © Christian Kochmann / filmfaust

Doch die Trennung von Burcu, seine Einsamkeit und Schulden treiben Oray wieder ins Chaos. Wer hilft? Die Moscheegemeinde. Doch sie fordern ihren Preis: Gehorsam und Unterordnung. Ein düsteres Ende.

Regisseur Mehmet Akif Büyükatalay schrieb das Drehbuch. Es steckt viel von seinen persönlichen Erfahrungen darin, sagte er gestern im Publikumsgespräch. Wie Oray hat auch er die Hagener Moschee besucht und hier sogar gedreht. Der Absolvent der Kölner Kunsthochschule für Medien hat mit seinem starken Debütfilm eine Männerwelt gezeigt, in der Deutschland, Frauen, westliche Werte außen vorbleiben.

Eine bedrückend realistische Innenansicht einer parallelen Welt mitten in Deutschland.

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