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AISHE ON THE ARTS

Der Berlin Blog von Aishe Malekshahi

Die 4. Kunst – Biennale in Kochi – Muziri

Die 4. Kunst – Biennale in Kochi – Muziri

Zeitgenössisch, politisch und bunt

Jetzt kommt ein Highlight und zwar aus Südindien. In Kochi findet bis Ende März 2019 die 4. Kochi-Muziris Biennale statt und sie steht unter dem Motto: Possibilities of a non-alienated Life. Zurzeit ist auch meine Freundin Birgit Kulhoff in Südindien unterwegs und hat die Biennale besucht. Da wir beide die indische Kultur, die Menschen, ihre Geschichte, die Literatur und die Kunst lieben, habe ich sie um einen Gastbeitrag gebeten.

Die südindische Stadt an der Malabarküste, seit je her ein Schmelztiegel der Nationalitäten und Religionen – präsentiert nun die 4. Biennale. Kuratiert wurde sie von der indischen Künstlerin Anita Dube. Ihr ist es gelungen, was in unseren Breitengraden unmöglich zu sein scheint: mehr als fünfzig Prozent der Ausstellenden sind weiblich. Und – neben all den internationalen Gästen wie Thomas Hirschhorn, Valie Export oder Walid Raad, hat Anita Dube auch einheimische Künstler zu dieser Biennale eingeladen.

Vipin Dhanurdharan stammt aus Kochi und er hat sich einen Monat lang – über alle Kastengrenzen hinweg – einladen lassen. Jedes Essen wurde in einem Video festgehalten und die Köchinnen und Köche von ihm gezeichnet. Die ausgestellten Bilder kommen in der Stadt unglaublich gut an, denn jeder Ausstellungsbesucher aus Kochi erkennt hier Freunde und Bekannte.

Und was bleibt für die Nicht- Kochianer? Teil des Projekts ist auch die offene Küche im Hof, die jeden einlädt, für andere zu kochen – ein Projekt das auch wir genutzt haben.

Ein heimlicher Star der Biennale ist der Tuk-Tuk-Fahrer Bapi Das. Tagsüber kutschiert er seine Kunden durch Kalkutta, abends verarbeitet er seine Eindrücke in Stickereien. Von seiner Mutter ausgelacht, dass sei doch nur etwas für Frauen, kreiert – der mit ganz feinen Fäden und Stoff arbeitende Mann – hyperrealistische Werke. Mittlerweile haben auch Kuratoren Babi Das entdeckt und seine Arbeiten in Kalkutta ausgestellt. Für mich ist seine Kunst eine Entdeckung!

© privat

Diese Biennale ist durch und durch politisch, wie auch die Installation von Sue Williamson „Message from the Atlantic Passage“. Die Südafrikanerin thematisiert in ihrer Arbeit den Sklavenhandel. An großen tropfenden Netzen hängen zahlreiche Flaschen. Jede Flasche enthält Alter und Geschlecht der Sklaven, die einst aus Afrika verschleppt und auf Schiffen verfrachtet wurden. In dieser „personalisierten“ Flaschenpost dokumentiert Williamsen eine völlig entmenschlichte Buchhaltung der verschifften Sklaven.

© privat

Tania Candianis „String Loom“ hat einen alten indischen Handwebstuhl in eine Klanginstallation verwandelt. Das ausgestorbene Handwerk wird so nicht nur zu neuem Leben erweckt, sondern lässt auch alle mitspielen.

Beeindruckend auch die Installation von Shilpa Gupta „For, In Your Tongue, I Can Not Fit –  100 Jailed Poets“. In einem dunklen Raum hängen von der Decke hundert Mikrofone. Gedichte sind zu hören. Es sind die Verse von verhafteten und getöteten Dichter aus allen Jahrhunderten, die hier vorgelesen werden. Ein starkes Plädoyer für Meinungsfreiheit, das durch Mark und Bein geht.

Ein weitere Höhepunkt ist William Kentridge’s Video Installation „More Sweetly Play the Dance“. Zur Musik einer afrikanischen Blaskapelle laufen über fünf große Projektionsflächen Schattenfiguren, die die Geschichte Afrikas erzählen: Prozessionen, Frauen, die Männer auf Plattformen ziehen, tanzende Skelette, traditionell gekleidete Tänzer und Musikanten, der am Tropf hängende Patient Afrika, alle laufen und laufen … bis alles wieder von vorne anfängt

Zum Schluss holte uns die indische Realität wieder ein: Am zentralen Ausstellungsort fiel der Strom.

 

 

 

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